GEBURT-DAS ENDE EINER LANGEN REISE ZU DIR SELBST

MYSTERIUM GEBURT - WENN UNSERE VORSTELLUNGSKRAFT ENDET

Dann sehen sich die meisten werdenden Mütter mit den unterschiedlichsten Gefühlen konfrontiert. Die ganz große Freude über das baldige Babyglück wird manchmal von echter Angst, Unsicherheit und vielen Zweifeln überschattet. Jeder erzählt einem etwas anderes. Jeder hat gute Tipps parat. Doch wie es für dich werden wird, dein Kind zu gebären, das kann dir niemand wirklich sagen.

VIELE FRAGEN UND KEINE ANTWORTEN

Wie wird er wohl sein? Der große Tag X, der alles verändern wird. Der Tag, an dem du dein Baby endlich in die Arme schliessen darfst, es endlich anschauen und küssen kannst. Wie wird es aussehen, dein Kind, das neun Monate in deinem Bauch gewohnt hat? Wird es gesund sein? Und wie wird es dir dabei ergehen? Wirst du während der Geburt genug Kraft haben? Wirst du alles richtig machen? Wird es sehr weh tun? Und vor allem: wann wird es losgehen? Die Liste der Fragen ist endlos. Und Antworten gibt es eigentlich keine. Wir Frauen können nur eines tun: uns entspannen und der Natur ihren Lauf lassen.

DIE NATUR IST NICHT PLANBAR

Die Geburt eines Kindes ist eine Erfahrung, die mit nichts zu vergleichen ist. Die meisten Menschen sind es gewohnt, dass ihr Leben in einigermaßen geordneten Bahnen verläuft. Dass alles mehr oder weniger vorauszusehen ist, organisiert werden kann. Ein Kind zu bekommen ist da etwas völlig neues, einzigartiges und wunderbares - vielleicht gerade, weil es nicht planbar ist. Wir sind Teil der Natur, Teil der Schöpfung. Wir müssen vertrauen und uns ganz und gar hingeben. Und so vollbringen wir ein wahres Wunder. Wir schenken einem kleinen Menschenkind das Leben. Das kann unbeschreiblich schön sein. Oder uns mit tiefer Angst und großen Zweifeln erfüllen.

Wenn du dich für eine natürliche Geburt entscheiden konntest und nicht aus irgendwelchen Gründen einen terminierten Kaiserschnitt gewählt hast, dann stehst du vielleicht zum ersten Mal in deinem Leben vor einer Situation, die du absolut nicht steuern kannst. In der du unermessliches Vertrauen in dich und die Natur legen musst. Vielleicht bereitet dir das ein mulmiges Gefühl im Bauch.
Du kannst dir die Rahmenbedingungen deiner Wunschgeburt zwar nach deinen Bedürfnissen aussuchen. Du kannst entscheiden, wo und mit wem du gebären möchtest und auch, ob du schmerzstillende Medikamente wie zum Beispiel eine PDA bekommen möchtest oder nicht. Aber viel mehr zu planen gibt es hier nicht. Und man sollte sich auch niemals zu sehr auf eine Variante versteifen, sondern vielmehr offen bleiben für unvorhersehbare Wendungen. Die Enttäuschung ist sonst möglicherweise groß.
Mein Traum von der Geburt meiner Tochter war eine romantische Hausgeburt - zusammen mit meinem Freund und meiner Hebamme. Ohne schmerzstillende Medikamente. Natürlichkeit um jeden Preis. Meinem Baby zuliebe.

HINGABE, VERTRAUEN, LOSLASSEN

Im Yoga üben wir uns immer wieder darin, das Steuer auch mal aus der Hand zu geben. Loszulassen. Ein Thema, das mich und meinen Unterricht schon lange begleitet. Warum? Vielleicht, weil es mir selbst auch nicht immer ganz leicht fällt, die Kontrolle meines Verstandes mal abzugeben. Mich in den Moment hineinfallen zu lassen, mich hinzugeben. Ganz und gar mit jeder Zelle meines Körpers. Dabei liebe ich diese Momente absoluter Entspannung und Ruhe. Das Gefühl eins zu sein mit dem Moment. In Shavasana genüsslich mit dem Boden zu verschmilzen und keinerlei störende Gedanken im Kopf zu haben. Das ist purer Frieden.

Manchmal sind sie da, diese wunderbaren Erlebnisse. Manchmal sucht man aber auch nach neunzig exzellenten Yogaminuten sein shanti shanti vergebens. Das ist dann zwar schade, aber kein Beinbruch. Was aber ist, wenn ich während der Geburt plötzlich nicht loslassen kann, total verkrampft bin, Angst bekomme, oder wenn mich die Situation einfach überfordert? Ein Zurück wird es dann nicht mehr geben. Den Einsatz einer PDA hatte ich abgelehnt, weil ich es unbedingt allein schaffen wollte. Aber werde ich auch die nötige Energie haben? Das Durchhaltevermögen? Wieder fehlen die Antworten. Wie soll ich etwas abschätzen, was ich selbst nie erlebt habe? Der Gedanke daran auf Kommando loslassen zu müssen wurde für mich die allergrößte Hürde auf dem Weg mein Kind zu gebähren.

HYPNOBIRTHING

Geburtsvorbereitende Unterstützung fand ich in dem Buch Hypnobirthing (weiter unten findest du den Link zu diesem Buchtipp). Eine Yoga-Freundin hatte es mir empfohlen und schon nachdem ich die ersten Seiten gelesen hatte, wurde das Buch auch zu meiner Bibel. Emsig übte ich mich darin, täglich die empfohlenen Entspannungsübungen zu machen, damit die Geburt natürlich, leicht und bestenfalls sogar schmerzfrei werden würde. Meine Freundin durfte dank Hypnobirthing tatsächlich eine ganz stille Haus-Geburt voller meditativer Entspannung und ohne Schmerzen erleben. Das wollte ich auch!
Ich habe also täglich meditiert und geübt mich "auf Kommando" zu entspannen. Dazu praktizierte ich viel Prenatal-Yoga, entspannte mich in der Badewanne, machte lange Spaziergänge mit den Hunden und genoss den Austausch mit anderen Müttern und meiner Hebamme. All das hat meiner ängstlichen Seele sehr gut getan, so dass ich den großen Tag X am Ende voll freudiger Erwartung und ohne Bedenken begrüßen konnte.

WENN ALLES ANDERS KOMMT

Die Spannung stieg ins unermessliche als der errechnete Geburtstermin endlich gekommen war. Dank meiner persönlichen Geburtsvorbereitung fühlte ich nichts als freudige Aufregung. Keine Angst mehr. Meine Tochter hatte es allerdings nicht wirklich eilig das Licht der Welt zu erblicken. Die Tage kamen und vergingen ohne dass sich irgendetwas tat. Ich blieb entspannt und unternahm noch jede Menge Ausflüge in der Sonne, übte Yoga und wartete geduldig. An Tag zehn nach meinem errechneten Geburtstermin machte meine Hebamme dann einen kleinen Herz-Fitness-Check mit mir. Nachdem ich einige Minuten lang mit meinem riesigen Babybauch die Treppen ihres Reihenhäuschens rauf- und runterrennen musste, fiel der Herztest meines Babys leider nicht mehr so optimal aus. Ich musste zur weiteren Kontrolle ins Krankenhaus. Und da kam ich dann auch nicht wieder raus. Vorbei der Traum meiner romantischen Hausgeburt.

DIE GEBURT: AM ENDE STEHT NUR NOCH DAS LACHENDE GLÜCK

Zu allem Übel wurde ich am nächsten Morgen auch noch eingeleitet, weil man beschlossen hatte, dass es besser für meine Tochter wäre, nicht noch länger zu warten. Die Wehen, die dann einige Stunden später einsetzten haben mich fast umgebracht. Eingeleitete Wehen haben meist wenig mit natürlichen Wehen gemeinsam. Sie sind sehr viel intensiver und kommen in kürzeren Abschnitten, so dass kaum Zeit zum durchatmen bleibt. Alles, was ich mir in der Hypnobirthing-Vorbereitung erarbeitet hatte, war vergessen. Geburtsplaylist, Massageöl und Atemtechniken. An nichts davon konnte ich noch denken. Ich wollte einen Kaiserschnitt. Wollte nur noch befreit werden von dem Kind in meinem Bauch. Nach neun Stunden, die ein echtes Trauma hinterliessen, war unsere kleine Novalie dann endlich geboren. In dem Moment waren zwar all die Anstrengungen, die Mutlosigkeit und der Schmerz sofort verflogen. Das hatte ich schon oft gehört und genau so war es dann auch, als ich mein Baby zum ersten Mal auf meinem Herzen spürte. Wahnsinnig schön. Die traumatischen Erinnerungen aber blieben.


ANGST UND ZWEIFEL

Als ich wieder schwanger wurde, merkte ich ziemlich schnell, dass die Freude über ein zweites Kind ganz extrem von der Angst vor der Geburt überschattet wurde. Schliesslich musste es ja irgendwie wieder raus, aber einen Kaiserschnitt wollte ich immer noch nicht. Den Glauben an Hypnobirthing hatte ich nach dem ersten Geburtserlebnis komplett verloren. Schmerzfrei gebähren? Ohne Medikamente. Undenkbar.
In meinem Geburtsvorbereitungskurs für Mütter, die schon Kinder haben, erhielt ich einen Rat, der mich wieder etwas ruhiger werden liess und ich ärgerte mich fast ein wenig, dass ich die erste Geburt unbedingt allein und ganz natürlich erfahren wollte. So, wie es im Hypnobirthing-Buch beschrieben wird. Wenn ich die Zeit nochmal zurückdrehen könnte, würde ich den Einsatz schmerzstillender Medikamente nicht mehr so rigoros ablehnen. Ich würde offen dafür sein mir eine PDA geben zu lassen, wenn es mir selbst nicht mehr möglich ist, aus eigenem Antrieb zu entspannen. Ich habe mein erstes Baby trotz Einleitung ohne Medikamente bekommen - man sagte mir, darauf könne ich sehr stolz sein. Darum geht es aber nicht. Eine Geburt ist keine Leistung, die man gut oder schlecht erbringt. Sie ist eine Erfahrung, in der die unterschiedlichsten Faktoren aufeinandertreffen und dann ein Gefühl erzeugen, das immer nur subjektiv sein kann.

Mein Entschluss stand dann aber schnell fest: beim nächsten Kind gehe ich direkt ins Krankenhaus und ich würde es auch nicht um jeden Preis noch einmal ohne Betäubung versuchen wollen.


DEIN BABY KENNT SEINEN WEG UND SEINE ZEIT

Wieder war ich relativ gelassen als die Geburt kurz bevor stand. Zu gelassen vielleicht. Denn wiedermal kam alles anders als gedacht. Ins Krankenhaus habe ich es bei Lios Geburt nämlich gar nicht mehr geschafft. Am errechneten Geburtstermin kamen die ersten Wehen schon morgens, doch diesmal konnte ich sie ganz entspannt veratmen. Niemand hätte gedacht, dass es nun ernst werden würde. Schon gar nicht, weil es der ausgerechnete Tag war. Nur 3% der Kinder kommen "pünktlich". Ich habe das alles nicht wirklich ernst genommen.
Irgendwann am Abend wurde mir aber doch klar, dass die Wehen nicht einfach nur "Vorgeplänkel" sein konnten. Nicht ganz drei Minuten nachdem wir uns entschlossen hatten jetzt schnell ins Krankenhaus zu fahren, bekam ich meinen Sohn Lionel auf dem Teppich im Wohnzimmer zusammen mit meinem Freund und meiner Tochter. Wir mussten alle lachen und weinen. Da war er, der kleine Mann!

Diese Geburt war zwar auch nicht romantisch, weil ich den ganzen Tag noch alles mögliche erledigt hatte: morgens ein Zoobesuch, nachmittags eine Einkaufstour, danach noch schnell einen Babyschlafsack von Ebay Kleinanzeigen abgeholt, abends dann herumtelefoniert um einen Babysitter für Novalie zu suchen. Vergebens. Auch mein Freund hatte alle Hände voll zu tun um unsere Tochter zu versorgen. Keine Ruhe. Gar nicht. Lio ist quasi ganz nebenbei auf die Welt gekommen und hat uns endlich dazu gebracht, uns mal hinzusetzen und tief durchzuatmen.

ANGSTFREI GEBÄHREN

Dennoch stellte diese Blitz-Geburt für mich die absolute Versöhnung mit diesem Thema dar. Und ich habe meinen festen Glauben an das Funktionieren des Hypnobirthing-Konzepts wiedererlangt. Ich durfte am eigenen Leib erfahren, was ganz natürliche Geburtswellen im Gegensatz zu den eingeleiteten Wehen sind. Diese Wellen sind in entspannter Atmosphäre und voller Vorfreude auf das baldige Ankommen eines neuen Menschlein tatsächlich sehr gut zu bewältigen. Ich hatte zu keiner Zeit Schmerzen, von denen ich dachte, ich würde sie nicht aushalten können. Und hätte ich das Wirken dieser Wehen ernst genommen, so hätte ich meine romantische Hausgeburt erleben dürfen. Zudem hat mir das Buch zu einer unbeschreiblich schönen und intensiven ersten Schwangerschaft verholfen. Ganz egal, wie die Geburt schlussendlich verläuft. Es unterstützt dich darin, die eigenen Ängste, Sorgen und Zweifel einzutauschen gegen Vertrauen in dich und die Natur und es kann dir helfen mehr innere Ruhe und Gelassenheit zu kultivieren.

Welche Wendung eine Geburt auch immer nehmen mag, das Geburtserlebnis ist etwas, dass du niemals vergessen wirst. Und die Zeit der Schwangerschaft wahrscheinlich auch nicht. Hypnobirthing kann dir eine sehr wertvolle und wunderbare Unterstützung sein.

BUCHTIPP: HYPNOBIRTHING


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Kommentare: 2
  • #1

    Michi (Dienstag, 09 Februar 2016 10:12)

    Liebe daniela, Danke für deinen artikel! Die geburt meiner tochter lief genauso ab wie deine erste, 10 tage übertragen, eingeleitet, 50 stunden wehen, leider notkaiserschnitt. Ich bin wieder schwanger und jetzt schon voller sorge vor der nächsten geburt- da hat dein artikel mir ganz viel Mut gemacht!
    Alles liebe!
    Michi

  • #2

    Dani (Dienstag, 09 Februar 2016 20:47)

    Liebe Michi,
    vielen Dank für deinen Kommentar! Ich kann so gut nachvollziehen wie du dich fühlst nach dem, was du erlebt hast! Ich kann dir das Buch wirklich empfehlen!! Es gibt sogar richtige hypnobirhing-geburtsvorbereitungskurse... leider konnte ich den nicht mitmachen, weil es nichts in meiner Nähe gab! Meine erwähnte Freundin hat aber auch nur in dem Buch gelesen und trotzdem eine Bilderbuch-Geburt erlebt! Man weiß nie wie es werden wird, aber das Buch macht Mut, Vorfreude und schenkt dir einfach etwas mehr Vertrauen in dich selbst!
    Ich wünsche dir alles, alles Gute ❤️