mehr "me-time"trotz Baby!?

 

Wer kennt es nicht? Das Problem mit der Zeit. Schon bevor ich Kinder bekommen habe, hatte ich nie genug davon. Seit jeher blicke ich neidisch auf die, die immer eine ordentliche Wohnung haben, die neben ihrem Job immer regelmässig noch was für ihren Körper tun, die nachmittags glücklich mit ihren Kindern auf dem Spielplatz sitzen und abends dann auch noch Zeit für das "perfekte Dinner" und ein Weinchen mit Freunden haben. Alles scheint immer fertig zu sein. Man kann also ganz einfach und ruhigen Gewissens auf Entspannung umschalten?

Wieso hab ich nie das Gefühl, das alles fertig ist? Und auch nie fertigwerden wird. Ich bin immer busy. Immer in Action. Immer bemüht. Statt Yoga praktiziere ich Multitasking. Irgendwie habe ich auch immer alles einigermassen im Griff, aber wo bleibt die Zeit für mich? Die Zeit, in der ich ruhigen Gewissens die Füsse hochlegen kann und auf mein schönes Leben schaue? Immer wieder ertappe ich mich dabei, dass ich mir denke: das machst du jetzt noch schnell und dann kommt deine Zeit. Dann tust du was für dich. Wenn ich dann endlich soweit bin ist es meist schon wieder zu spät. Dann kommen mir Babygeschrei "Hunger, Durst und volle Pampers" in die Quere und dann wirds meist nochmal richtig hektisch "Ah, schon wieder so spät! Ich muss die Große von der Tagesmutter abholen!". Je nach Wetter gehts weiter zum Spielplatz oder ins Kindercafé. Dann noch schnell die letzten Dinge einkaufen, die Mäuse derweil mit Eiscreme und Rosinenweckchen bestechen um zu vermeiden, dass sie den ganzen Supermarkt zusammenbrüllen. Dann kochen, essen, baden, Bücher vorlesen und die Hoffnung, dass die Kleinen heute mal ohne langes Tamtam ins Bett gehen. So siehts aus. So ziehen die Tage, Wochen und Monate ins Land, ich fühle mich abends genauso erschlagen wie morgens und mir wird so langsam klar, dass die Zeit für mich nie kommen wird, wenn ich nicht grundlegend etwas ändere. Diese Änderung ist eine Entscheidung, die ich nur hier und jetzt treffen kann. Wir können in der Zukunft nicht glücklich sein, wenn wir im gegenwärtigen Moment immer nur neben uns stehen, anstatt auch mal an uns zu denken. Ganz bei uns zu sein.

 

Wenn du etwas loslässt, bist du etwas glücklicher.

Wenn du viel loslässt, bist du viel glücklicher.

Wenn du ganz loslässt, bist du frei.

(Ajahn Chah)

 

Loslassen. Einfacher gesagt als getan. Überall begegnen mir diese schönen Zitate und Weisheiten bei Facebook, Instagram und in Yogabüchern und ich erinnere mich daran, dass ich vieles davon auch schon in meinen Yogastunden gepredigt habe. Im Moment machen mich diese Sprüche schon manchmal agressiv. Wie denn, bitte? Das frage ich mich. Sind denn wirklich die Kinder schuld, dass so wenig Ruhe in meinem Leben ist? Klar, wir Mamis müssen den Überblick behalten. Gegen unsere To-Do-Listen können wir nicht viel tun. Wir können sie höchstens entschärfen. Aber seien wir mal ehrlich: viele Aufgaben werden noch zeitaufwendiger, wenn wir versuchen sie abzugeben. Also erledigen wir sie lieber schnell noch selbst. Wie immer. Multitasking. Warum? Weil wir es können.

Zwei Dinge verbindet dabei wohl die meisten Muttis unter uns. Da ist die Mutterliebe, die wir unseren Kindern schenken. Eine für uns und unsere Partner bisher unbekannte Form der Liebe. Man kann sich diese Liebe vorher nicht vorstellen, man kann sie nicht einmal beschreiben. Aber eine Mutter fühlt sie, sobald sie neues Leben in sich trägt. Diese Liebe wächst schon lange vor der Geburt des Babys im Bauch ins scheinbar unermessliche. Für unsere Kinder würden wir alles tun. Ja, das würden wir. Und das Gefühl dabei ist wunderschön.

Und dann ist da aber auch dieser Druck, dieses andauernde Gefühl von Hektik, eine Form von Stress in uns. Zumindest in den ersten Monaten nach der Geburt leiden viele (Neu-)Mamis darunter, permanent unter einer gewissen Grundspannung zu stehen. Die Wohnung sieht furchtbar aus. Die Krabbelgruppe wartet. Ein Kuchen möchte gebacken werden (andere Mamis tun das auch). Der Kopf raucht "hab ich nichts vergessen? Fläschen, Brei, geschnibbeltes Obst und Gurkensticks, Sonnenhut und -Creme, Wickel- und Wechselzeug, Spuck- und Feuchttücher.... die Liste ist lang und irgendwas fehlt am Ende doch. Oder eine allseits bekannte und ebenso unbeliebte Situation: unser Baby ist gerade eingeschlafen - jetzt aber schnell auf die Yogamatte! Schnell in den herabschauen Hund, vielleicht ein, zwei Sonnengrüße und ein kurzer Herzöffner, weil wir Angst haben, dass diese nach vorn gebeugte, nicht gerade gesunde Haltung, die wir beim Stillen und füttern so oft einnehmen, ansonsten  für immer bleibt. Shavasana? Dafür ist eigentlich nie Zeit, denn kaum ist die Matte ausgerollt, der erste Schrei. Wieder vorbei mit der Ruhe. Da kann Mama schon mal die Nerven verlieren. Das darf sie aber nicht. Sie wird gebraucht. 24 Stunden täglich. Jeden Tag. Wir wollten Kinder. Da müssen wir jetzt wohl durch. Tatsächlich habe ich diesen Spruch schon gehört. Und deshalb können wir oft nicht anders: alles, was wir tun, versuchen wir besonders schnell zu schaffen. Das Baby könnte ja jeden Augenblick schlechte Laune kriegen und unsere ganze Aufmersamkeit einfordern. Ganz oft ist das dann auch der Fall und so gibt es kaum etwas, das wirklich mit Ruhe und Bedacht erledigt wird. Liebe Yoginis, wo ist all das hin, was uns Yoga mal vermittelt hat? Achtsamkeit. Bewusstheit. Entschleunigung. Auch im Alltag. Es kann doch nicht vorbei sein, bloß weil da jetzt so ein süßer Zwerg in unserem Leben ist. Oder?

 

Ich möchte euch in diesem Blog regelmässige Anregungen geben, wie ihr trotz Stress, eventuellen Selbstzweifeln und Babyblues immer wieder zurück in eure Mitte finden könnt. Schafft euch eure ganz eigene Qualitytime und lasst sie ein gleichberechtigter Punkt auf eurer To-Do-Liste sein. Wer sich selbst diese me-time gönnt (egal wie lange, hauptsache du tust es) ist ganz bestimmt keine Rabenmutter, sondern begenet seinen Liebsten schon nach ein paar tiefen Atemzügen wieder viel entspannter. Probier`s einfach aus. Jetzt und hier.

 

 

Tipps für mehr Zeit (zu zweit)


1. Lebe wieder bewusster. Und nimm dir dabei nicht zuviel vor. Versuche in ganz kleinen Dimensionen damit anzufangen wieder mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen. Es müssen keine 90 Minuten Yoga-Challenges sein. Du kannst auch ganz einfach deinem Atem lauschen - ganz bewusst leise werden. Vielleicht, wenn dein Baby gerade schläft oder du es stillst. Oder auch beim kochen oder putzen. Egal, hauptsache, du machst dir bewusst; dass du auch noch da bist. Nur ein paar Momente in bewusster Ruhe und mit dem Fokus nach innen, lassen dich frischer und ausgeglichener zurückkehren. Versprochen!

 

2. Wenn es keine Möglichkeit gibt, alleine zum Yoga zu gehen, dann muss dein Baby eben mit auf die Matte. Je früher du dein Baby daran gewöhnst desto besser. Dein Baby sollte frisch gewickelt und auf keinen Fall hungrig sein. Lege dir deine Lieblingsmusik auf und bau deinem Baby ein gemütliches Plätzchen, von wo aus es dich gut sieht. Ein bisschen Spielzeug kann auch nicht schaden. Sonst verliert dein Baby vielleicht die Lust dir zuzuschauen. Viele Babys lieben ruhige Yogamusik... hier ein paar Beispiele aus meiner "Babymelodies-Playlist", die ich mir schon auf den Bauch gelegt habe als meine erste Tochter unterwegs war. Lieder, die dein Herz und das deines Babys berühren!

 

Jaya Bhagavan (Tina Malia & Shimshai)

Om Mani Padme Hum (Wah!)

Ong Namo (The Love Keys)

Om Shanti (Daphne Tse)

Ong Namo Guru Dev Namoh (Amrit Kirtan)

Suni-ai (slow) (Snatam Kaur)

Silence (Bliss)

Tamboura With Om Chanting (Splendor of Meditation)

The Ma Chant (Tribute To The Mother) (C.C. White - This Is Soul Kirtan)

 

3. Wenn du nicht alleine üben möchtest, dann durchsuche das Online-Angebot nach einem Lehrer oder einer Lehrerin, die zu dir passt. Yogafilme mit mir und meinem Baby sind auch bereits online.

Du solltest natürlich bei allem, was du tust, ganz besonders achtsam sein. Die allgemeine Empfehlung der meisten Hebammen lautet erst 8-10 Wochen nach der Geburt mit der Yogapraxis zu starten.

 

 

4. Wenn dein Baby nicht mehr zuschauen mag, dann möchte es vielleicht mitmachen. Ich werde euch hier dazu demnächst immer wieder neue Inspirationen geben. Bis dahin: sei kreativ und integriere dein Kleines in die Asanas. Das funktioniert wunderbar bei vielen Positionen in Rückenlage, so dass du deine Körpermitte stärken kannst, aber auch in den Kriegerpositionen. Und Shavasana sollte nie mehr ausfallen: nimm dein Baby nah zu dir. Vielleicht magst du im Liegen stillen. Vielleicht kuschelt ihr einfach noch ein bisschen. Geniess die ruhige Zweisamkeit und wann immer du das Gefühl hast, dein Baby hat alles, was es jetzt braucht, spüre DICH. Spüre deinen Atem, deinen Körper. Schenke dir deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Du hast es dir verdient.

 

 

5. Suche dir einen Postnatal-Yogakurs in deiner Stadt, in den du dein Baby mitnehmen kannst. Es ist natürlich nicht so ruhig wie in einem normalen Yogakurs, dennoch habe ich diese Stunden immer geliebt und ich glaube, meine Kinder auch. Meist sieht es so aus, dass du ein bisschen übst und dann die restliche Zeit mit deinem Baby beschäftigt bist. Trotzdem danken es dir Körper und Geist und du verlässt das Studio auf jeden Fall ausgeglichener als du es betreten hast. Fang klein an. Ob zuhause oder im Studo: Yoga wirkt bereits mit dem ersten Atemzug.